FOTO Roland Rossbacher

„Die Nachtigall“ erzählt lebendig von der Magie des Augenblicks

Wie verhalten sich Natur, Technik und Mensch zueinander? Den auf drei Spielzeitenangelegten Themenkomplex des Figurentheaters Osnabrück durchdrang die Sängerin und Musikerin Akampita Steiner mit ihrem Stück „Die Nachtigall“ so vielschichtig wie eindringlich.

Mit der Premiere von „Als die Tiere den Wald verließen“, einer Koproduktion mit der Schaubude Berlin, wurde der Dreijahresplan eingeläutet. Die aus Detmold stammende Künstlerin fügte ihm nun eine Facette hinzu, die für ein Figuren- und Objekttheater nicht selbstverständlich ist. Zwar bewegte sie den Kaiser und die Nachtigall per Hand durch eine kleine Puppenbühne. Die Szenen wurden aber durch handgemachte Musik, Gesang und lyrischen Vortrag mehr als nur flankiert.

Grenzen der Technik
Rezitationen am Monochord und mit beeindruckendem Obertongesang illustrierten die nach einem Kunstmärchen von Hans Christian Andersen erzählte Geschichte vom Kaiser, der durch den Gesang einer Nachtigall neues Leben eingehaucht bekommt. Der Versuch, sie durch einen künstlichen Vogel, der wie ein Uhrwerk funktioniert, zu ersetzen, war zuvor kläglich gescheitert – an dessen mechanischer Leblosigkeit und monotoner Darbietung, aber auch an Abnutzungserscheinungen und technischen Defekten.

Vielfalt an Instrumenten
So lebendig und wahrhaftig wie der Gesang echte Nachtigall geriet auch Steiners Performance. Mal blies die Multiintsrumentalistin in die barocke Sopranino-Blockflöte, während sie gleichzeitig mit ihren Füßen die Shruti-Box bediente. Mal gesellte sich eine Bassblockflöte hinzu, um in Terzen und mitunter zweiflötig Eigenkompositionen zu intonieren und mal griff sie zur Gitarre, um ein deutsches Volkslied („ich hab die Nacht geträumet“) oder ein katalanisches Traditional („Rossignol“) zu rezitieren.

Blick auf die Gegenwart
Nicht immer lässt sich die Natur durch Technik ersetzen. Und schon gar nicht kann die Magie des Augenblicks konserviert und immer wieder reproduziert werden. Das zeigt die über 200 Jahre alte, aber gerade im heutigen Zeitalter der Künstlichen Intelligenz wieder hochaktuelle Geschichte beispielhaft. Man darf gespannt sein, was dem Figurentheater in den nächsten drei Jahren noch einfallen wird, um Misstöne, aber auch Lösungen zwischen Mensch, Natur und Technik künstlerisch auszuloten.

NOZ | 24. Oktober 2021 | mali