FOTO Hartmann | Zevener Zeitung
Musik für Geist und Körper
Musikerin und Poetin Akampita Steiner gibt am Freitag ein Konzert im Wilke:Atelier
VON LUISE MARIA LANGEN
Bremerhaven. Akampita Steiner lässt sich kaum mit einer anderen Künstlerin vergleichen. Mit ihrer ungewöhnlichen, poetischen Musik kann sie ihre Zuhörer nicht nur emotional, sondern auch körperlich berühren. Jetzt gibt sie ein besonderes Abschiedskonzert in Bremerhaven.
Akampita Steiner – schon ihr Künstlername verrät vieles von dem, was ihre Kunst ausmacht. Der Vorname bedeutet auf der altindischen Sprache Sanskrit soviel wie nicht erleben oder Stille. ,,Stille ist die Voraussetzung, um etwas zu erschaffen“, sagt sie.
Die Musikerin und Dichterin sitzt mit ihrem Mops Emilia in einem Sessel im Wilke-Atelier, dem kleinen romantischen Künstler-Häuschen, direkt am Bi:emerhavener Deich. ,,Es ist sehr angenehm still hier“, sagt Akampita. ,,Man hört die Möwen und die Schiffe und nur manchmal am Wochenende feiernde Leute.“
Seit Anfang März ist sie dort zu Gast, um sich ihrer Kunst zu widmen. Jetzt steht das Ende ihres Aufenthalts, ihr Abschiedskonzert und ein Tag des offenen Ateliers kurz bevor.
Seltene Kunst: Das Monochord und der Obertongesang
In dem kleinen Raum mit den weißen Wänden wird schnell ersichtlich, dass sich die 53-jährige aus Osnabrück nicht nur mit einer Kunst und einem musikalischen Genre beschäftigt. Sie lebt in einem genreübergreifenden musikalischen Zuhause aus Klassik, orientalischer sowie mittelalterlicher Musik, Chanson und Obertongesang. Sie schreibt und vertont Gedichte und Lieder.
Neben ihrer Gitarre und einigen Klangschalen steht ein eher ungewöhnliches Musikinstrument: ein Monochord. Die Ursprünge dieses Instruments stammen aus der griechischen Antike. Akampita spielt es, seit sie 18 Jahre alt ist. ,,Wenn ich.Gitarre spiele, schauen viele auf technische Perfektion. Die Gitarre ist ein Angeber-Instrument“, sagt sie lachend. ,,Beim Monochord ist das ganz anders.“
„Ich will in Resonanz mit der Welt sein“
Wenn Akampita Steiner die Saiten an dem großen, langen Holzkasten zum Schwingen bringt, erklingen flirrende Töne und untermalen die überirdischen Laute ihres Obertongesangs. Das ist eine Gesangstechnik, bei der einzelne Obertöne so aus der Stimme herausfiltert werden, dass eine Mehrstimmigkeit entsteht. Ihre Musik ist 6pürbar, die vibriert tief im Inneren des Körpers. Und sie soll Kulturen, Genre, Natur und Mensch miteinander verbinden. ,,Ich will in Resonanz mit der Welt sein“, sagt Akampita. Sie beschäftigt sich viel mit der Frage, wie die Menschen mit der Erde umgehen. Auch während ‚ihrer Zeit in Bremerhaven war das für sie ein großes Thema. In den zwei Monaten hat sie die Stadt Schritt für Schritt erkundet – den Deich, den Hafen, das Goethequartier, das Auswandererhaus, die Parks und den Zoo.
Vor ihrem Häuschen hat sie jeden Tag eine Skulptur neben einem Baum fotografiert, um den erwachenden Frühling abzubilden und die Fotos zu einer Collage zusamimengefasst. Zu Ostern verfasste Akampita Steiner kleine Gedichte für Besucher und der Zoobesuch inspirierte sie zu einem sehr politischen Text mit dem Titel „Vom Wirken des Menschen in seiner Umwelt“.
Der Bremerhavener Zoo: ein Requiem
,,Betrete ich einen Zoo, so begebe ich mich in ein Requiem hinein. In ein Requiem, in das wir ohnedies eingebettet sind“, schreibt sie in dem Text. Und weiter: ,,Nach meiner Ansicht haben wir nicht ,zu gut‘ gelebt. Ein Leben im Konsum in dieser Wegwerfgesellschaft, die ihre Mitgeschöpfe verdrängt, empfand ich nie als ,gutes Leben‘, sondern als Verrat an einem echten Miteinander.“
Die Kulturen verschiedener Naturvölker – wie die indigenen Völker Amerikas – zeigen für sie ein Gegenmodell zu diesem Leben. Deshalb fließen Einflüsse aus diesen Kulturen auch in ihre Musik und ihre Poesie. ,,Sie leben mit der Natur, statt gegen sie“, erklärt Akampita Steiner.